Bereits im März hatte sich der ZVO (Zentralverband Oberflächentechnik e.V.) in einem sehr ausführlichen Bericht mit den weitreichende Veränderungen im Bereich der Antriebstechnologie befasst, die in naher Zukunft bevorstehen und die auch Einfluss auf die Oberflächen- und Galvanotechnik haben.
In seiner Pressemitteilung geht der ZVO detailliert auf die einzelnen Aspekte dieser Veränderungen ein.
Elektrische, alternative Antriebskonzepte werden in den nächsten elf, zwölf Jahren weltweit um mehr als das Fünffache des bisherigen Volumens zulegen – so zumindest lauten die fachlichen Prognosen. Um steigenden Emissionen Einhalt zu gebieten und damit die Umwelt, die Natur zu schützen, sind neue Technologien erforderlich. Da die Automobilindustrie mit ihren technologischen Trends zu den wichtigsten Abnehmern im Bereich Oberflächen- und Galvanotechnik gehört, sei ihr Einfluss entsprechend groß.
Neue Formen der Mobilität und die Digitalisierung bis hin zum autonomen Fahren bedeuten, gemäß dem Bericht, einen umfassenden Strukturwandel für die Automobilindustrie. Die Ära des Verbrennungsmotors geht bald endgültig zu Ende und, in Teilen über den Hybrid, in den Elektroantrieb über.
Die von der EU beschlossenen Emissionsvorgaben für Neufahrzeuge vermindern den noch zulässigen CO2-Ausstoß immer mehr, d.h. die Grenzwerte werden niedriger. Deshalb sind neue Antriebsformen auch so wichtig, denn mit den herkömmlichen lassen sich die gesteckten Ziele nicht erreichen.
Der Fokus ruhe also auf die Entwicklung batteriebetriebener E-Fahrzeuge. Bei Nichteinhaltung der neuen Vorgaben drohen – neben den zu erwartenden Umweltschäden - schließlich auch empfindliche Geldstrafen.
Weltweit gibt es unterschiedliche Trends bzgl. der Elektromobilität. Doch hat sich beispielsweise in China, führend im Bereich Automobilproduktion, ein sehr starker Markt für die Elektromobilität gebildet. Denn China sei (ist) richtungsweisend für das Wachstum der Automobilindustrie.
Technologische Details und verschiedene Wege zur Automobil-Elektrifizierung
Hybride - sie verbinden einen herkömmlichen Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor und einer kompakten Hochleistungsbatterie. Plug-in-Hybride – kombinierter Antrieb aus Verbrennungsmotor sowie einer Batterie, die übers Stromnetz aufladbar ist.
Reine, batteriebetriebene Elektromotoren
Bei rein elektrisch betriebenen Automobilen wird zusätzlich zwischen BEV (werden über Ladekabel geladen) und FCEV unterschieden(werden mit Wasserstoff betankt), der in der an Bord befindlichen Brennstoffzelle die Energie für den Elektromotor erzeugt.
Um sich dauerhaft etablieren zu können, müssen die neueren Technologien natürlich auch eine entsprechende Performance aufweisen können, also Vorteile bieten, die dauerhaft überzeugen und nicht nur temporär.
Denn die Idee des Elektroantriebs ist keineswegs neu: Bereits 1899 wurden voll elektrische Fahrzeuge entwickelt, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten.
In der Pressemitteilung des ZVO vom 16.03.2021 sind die häufigsten Probleme und Kriterien übersichtlich gegliedert aufgeführt:
- Die Kapazität der Batterien spielt eine herausragende Rolle. Eine Mindestreichweite von 500 km gilt als obligatorisch.
- Die Ladezeit sollte sich im Minutenbereich bewegen.
- Die Lebensdauer der Batterie ist wegen der hohen Kosten bedeutungsvoll; Kundinnen und Kunden brauchen eine Sicherheit angesichts der doch hohen Investition.
- Infrastruktur – Elektromobilität findet nur Akzeptanz und Anhänger, wenn auch eine ausreichende Menge an Ladestationen zur Verfügung steht! Allerdings ist der Transport von flüssigem Kraftstoff natürlich einfacher als das Schaffen von Ladepunkten, um elektrische Energie stets bereithalten zu können.
- Rohstoffe – Kobalt und Lithium sind die essenziell benötigten Rohstoffe für die Batterie. In der künftig benötigten Menge (bis 2025 wird mit knapp 27 Millionen Elektrofahrzeugen weltweit gerechnet) sind diese Rohstoffe, gemäß der Mitteilung, aber gar nicht verfügbar! Würde man – wie angestrebt – die benötigte Menge an Kobalt halbieren, kämen dementsprechend, immer noch über 134 Tonnen dieses Rohstoffes zum Tragen. - Batterien ohne Kobalt haben die großen Nachteile der geringeren Reichweite sowie auch der längeren Ladezeit. - Alternativ können daher Hybride eingesetzt werden, die mit kleineren Batterien auskommen. Oder auch Wasserstoff-Fahrzeuge, die den benötigten Antriebsstrom durch Wasserstofftank und Brennstoffzelle selbst erzeugen. Hierfür ist lediglich ein Zwischenspeicher in Form einer kleinen Batterie erforderlich, der die Lastspitzen deckt.
- Die zunehmende Verwendung auch anderer Materialien im Fahrzeugbau, wie beispielsweise Magnesium, hochfeste Stähle und Kohlenstoff-Fasern, findet immer mehr Beachtung. Doch ist sie nicht ganz frei von Risiken: Wasserstoffversprödung und Rostbildung bei Verwendung der hochfesten Stähle oder Reibungsdifferenzen zwischen den verschiedenen Materialien/ Stoffen, die verbaut wurden.
- Das Gewicht der Batterie spielt im Bereich der Elektromobilität eine große Rolle. Deshalb kommen immer häufiger Leichtbau-Werkstoffe zum Einsatz: Der Verbau von Stahl nimmt ab und wird (soweit möglich) durch Aluminium ersetzt. Seit 1970 hat der Stahlanteil bereits um 25 % abgenommen. Und bis zum Jahr 2030 soll sich dieser Anteil auf höchstens 13 % einpendeln.
Neue Aufgaben für die Oberflächentechnik
Während einige Komponenten durch die Elektrotechnik wegfallen (bei den klassischen mechanischen Elementen des Verbrennungsmotors ist das globale Marktvolumen bereits merklich zurückgegangen), kommen gleichermaßen viele neue hinzu.
So ist der Bedarf an Sensoren, Elementen der Steuerungstechnik, an Steckverbindern und vor allem natürlich auch an elektrischen Antriebsmotoren und Batterien gestiegen.
Der ZVO weist in seiner Pressemitteilung auch darauf hin, dass es aktuell bereits zu Produktionsausfällen in der Automobilindustrie kommt, weil Chips und Halbleiter immer knapper werden.
Neu hinzu gekommene Komponenten laut der Pressemitteilung (Stand: 2020):
- bei der Batterie + 47,5 %
- bei der Leistungselektronik + 4,5 %
- beim Elektromotor + 16,2 %
- sonstige Adaptionen + 1,8 %
- bei der Verkabelung gab es einen Zuwachs von 3,5 %.
Das weltweite Volumen im Komponentenmarkt ist, nach Angaben der ZVO, insgesamt um rund sechzig Milliarden Euro gestiegen. Ein großer Unterschied besteht auch darin, dass beim Elektromotor weitaus mehr Verbindungskomponenten verbaut werden als beim klassischen Verbrennungsmotor.
Bei der Gewichtsreduzierung kommt zum Tragen, dass nur noch immer dünnere Schichtsysteme/ Schichten bei gleichbleibend hoher Leistungsfähigkeit erforderlich sind. Dies betrifft vor allem multifunktionale Schichten, die mehreren Aufgaben gerecht werden müssen.
Beispiele hierfür sind der zu gewährleistende Korrosionsschutz, hohe mechanische Beständigkeit, der sog. „Reibwert“, um Dinge ohne Schwierigkeiten miteinander verbinden und auch wieder lösen zu können, tribologische Eigenschaften (z.B. Verschleiß, Reibung, Schmierung) und – ganz wichtig! - die elektrische Leitfähigkeit.
Denn nicht zuletzt bei Elektrofahrzeugen muss zum Anbinden der Masse Strom übertragen werden!
Also müssen die geeigneten Schichten/ Schichtsysteme über elektrische Eigenschaften höchster Stabilität verfügen, die auch intensiver mechanischer und korrosiver Belastung standhalten.
Leider fehlen hier noch die entsprechenden Felderfahrungen; die Ermittlung des entsprechenden Status quo sei abzuwarten.
Das Augenmerk ist hierbei ganz besonders auf Zink und seine Legierungen zu legen, denn diese bieten sich an. Und um die veränderten Anforderungen bzgl. Reibung und (Über-) Lackierbarkeit erfüllen zu können, ist die Entwicklung neuer Topcoats und Passivierungen unumgänglich.
Der ZVO zieht in seiner Pressemitteilung folgendes Resümee:
Zwar hängt es noch von einigen Faktoren wie der Akzeptanz der Kundinnen und Kunden sowie vom ausreichenden Vorhandensein der benötigten Rohstoffe ab, aber die E-Mobilität und die damit verbundenen neuen Aufgaben werden auf jeden Fall kommen!
Und so sieht der ZVO die Oberflächentechnik mit vielen neuen Aufgaben wie Materialmix, Widerstandsverhalten, Leitfähigkeit und dem obligatorischen Leichtbau konfrontiert, die es zu bewältigen gilt.
Erfahrungswerte gibt es bisher nur wenige, auch darin besteht die künftige Herausforderung.
So manches Problem will noch gemeistert werden und viel Neues gibt es weiterhin zu lernen – doch die Branche arbeitet bereits fieberhaft an den Lösungen.
Doch bis zur endgültigen Umsetzung wird es, laut diesem Bericht, noch Zeit vergehen – bis 2032 werden global nach wie vor rund 50 Prozent der gebauten Fahrzeuge mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor ausgestattet sein.